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Friedrich Dürrenmatt – „Der Besuch der alten Dame“

„Der Besuch der alten Dame“ ist ein Theaterstück Friedrich Dürrenmatts, das 1956 uraufgeführt worden ist und damit den Durchbruch des einzigartigen Schriftstellers und Dramatikers begründete. Mittlerweile ist die tragische Komödie, wie es im Untertitel heißt, zu einem Klassiker der Moderne geworden, der bis heute zu den meist aufgeführten und neben dem Stück „Die Physiker“ zu den bekanntesten Werken des Autors zählt.
Dürrenmatts Genialität beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Praxis, auch die Theorie des Theaters revolutionierte er durch seine gesellschaftskritischen Überlegungen und Paradoxien. Als „Erfinder“ des Stilmittels der Groteske, die versucht, eigentlich Unvereinbares durch Lachen und Entsetzen des Zuschauers zusammenzufügen, übte Dürrenmatt in seinem Drama „Der Besuch der alten Dame“ bereits Mitte des 20. Jahrhunderts Kritik an der materialistisch geprägten Gesellschaft.

In diesem Stück kehrt die Millionärin Claire Zachanassian nach 45 Jahren in ihren früheren Heimatort Güllen zurück, der mittlerweile hoch verschuldet ist. Güllens Einwohner erhoffen sich von ihr eine großzügige Geldspende, um die finanzielle Not der Stadt zu lindern. Zachanassian ist bereit ihrer Heimatstadt zu helfen, allerdings nur unter einer Bedingung: Sie fordert den Tod ihres früheren Liebhabers Alfred Ill, der sie einst geschwängert und dann seine Vaterschaft bestritten hat, um die Tochter eines Ladenbesitzers heiraten zu können. Schwanger und gedemütigt verließ sie daraufhin die Stadt und musste sich prostituieren, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Durch Heirat reich geworden, wünscht sie nun Gerechtigkeit in Form von Alfred Ills Tod. Zunächst lehnen die Güllener Zachanassians Angebot ab, einen der ihren für Geld zu töten. Doch finanzielle Zuwendungen der alten Dame veranlassen die Einwohner nach und nach, ihre moralischen Überzeugungen zu verwerfen und sich auf den diabolischen Pakt einzulassen. Nach Ills Tod überreicht die Millionärin dem Bürgermeister Güllens den versprochenen Scheck und verlässt die Stadt mitsamt Ills Leiche.

Die Kritik am Materialismus der Menschen ist heute so aktuell wie damals, weshalb Dürrenmatts Werk bis heute nichts an Relevanz eingebüßt hat. In der recht eigenwilligen Theateraufführung des Landestheaters Schwaben, die die Schülerinnen und Schülern des Dossenberger-Gymnasiums am 12.04.2016 im Forum besuchten, wurde den Jugendlichen durch eine mehr oder minder groteske Vorstellung vor Augen geführt, wie weit Menschen bereit sind zu gehen, um ihre Ziele zu erreichen, bzw. wie schnell moralische Grundsätze für Geld über Bord geworfen werden. Dies lieferte Anlass für vielfältige Diskussionen im Anschluss an die Aufführung.

Carolin Gabler